Stadtturm

Stadtturm
Der mittelalterliche Stadtturm aus dem 15. Jahrhundert wurde im Zuge des Ausbaus der Stadtbefestigung im Zentrum der Stadt über dem Chor der ehemaligen Nikolaikirche errichtet. Der Bau des „Niklasturms“ wird zwischen 1420 und 1444 immer wieder erwähnt. Die Fertigstellung des Turms wie auch des gleichzeitigen Umbaus der kleinen Kirche erfolgte, den jüngsten Forschungen zufolge, mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahr 1445. An der Innenwand des Chors im Erdgeschoß des Turms wurde eine Rötel-Inschrift entdeckt, mit der sich vermutlich ein Handwerker anlässlich des Bauabschlusses verewigte: „Johanes (Pancraz?) Kravogl von Landshut 1445“.

Der mächtige, 47 Meter hohe Turm wurde zum Wahrzeichen Korneuburgs. Er gewährleistete eine weite Sicht auf die Stadt und die Umgebung und konnte im Notfall als Rückzugsort dienen. Die wichtigsten Aufgaben des Türmers waren jahrhundertelang das Melden von Feuer – der größten Gefahr für eine Stadt – und von herannahenden Soldaten. Auch hatte er unter anderem die Nachtstunden auszurufen, das Ave-Maria zu läuten (Angelusläuten), mit der Bierglocke das Zeichen der Sperrstunde zu geben und beim Besuch hochgestellter Gäste und bei Hochzeiten „aufzublasen“. Im obersten Geschoß kann eine museal eingerichtete Türmerwohnung besichtigt werden.

Der Turm wurde immer wieder beschädigt, besonders schwer im Dreißigjährigen Krieg (1646). Anlässlich des 40-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs I. erfolgte eine umfassende Restaurierung (1890), der Turm erhielt sein heutiges Aussehen. Hier wurden in der Folgezeit das Stadtmuseum, das Stadtarchiv und das Wasserreservoir der Feuerwehr in Form von zwei großen, durch einen Gasmotor befüllbaren Wassertanks untergebracht. 

Nur wenige Jahre nach der Restaurierung wurde entschieden, beim Stadtturm das neue Rathaus anstelle der mittelalterlichen, seit 1786 entweihten Nikolaikirche zu errichten. Das Kirchenschiff wurde abgebrochen (1894). Zu sehen ist noch im Rathausinnenhof der Triumphbogen, geschmückt mit einem neuen, von Graf Johann Nepomuk Wilczek, Besitzer der Burg Kreuzenstein, gestifteten Fenster. Von der Kirche erhalten blieben auch ein Maßwerkfenster an der Außenwand sowie ein kleiner Wendeltreppenturm aus dem 15. Jahrhundert. Ein bei den Abbrucharbeiten entdecktes gotisches Tor sowie Dachziegel und Dachgebälk erwarb Wilczek für Kreuzenstein.

Von der Kircheneinrichtung zeugt nur mehr die – außen oberhalb des Fensters im 4. Obergeschoß angebrachte – Nachbildung einer Inschrift („Jesus nazarenus rex judeor[um] 1447“), die ursprünglich zu einer Kreuzigungsgruppe gehört hatte, möglicherweise des Altars, und in der älteren Forschung als Beleg für das Jahr der Fertigstellung des Turms galt.

Der mittelalterliche Stadtturm wurde in das 1894/95 errichtete neue Rathaus integriert und ist ein markantes Element der „Burg des Bürgertums“, wie der Architekt Max Kropf das Rathaus bezeichnete.